Kia Stinger GT: Auf “großer Fahrt” in den Alpen
Lesedauer 7 MinutenDie Buchstaben GT stehen bei Kia zwar für die besonders sportlichen Modelle, wir haben die Bezeichnung “Gran Turismo” aber mal wörtlich genommen und den Kia Stinger GT auf zwei Etappen durch die Alpen entführt. Das Ergebnis? Überraschend!
Wer an einen GT denkt, denkt an einen schweren Viersitzer aus dem oberen Mittelklasse Segment mit, viel Komfort und viel Platz. Sportlichkeit bleibt bei dieser Beschreibung meistens auf der Strecke. Der Kia Stinger GT ist das Flaggschiff aus Korea und zeigt dass es auch anders geht. Leistung, Platz, ein tolles Design, tolle Verarbeitung in Verbindung mit einer Sportlichkeit und einem Handling was in dieser Kategorie wahrscheinlich einzigartig ist. Das TOP-Argument kommt aber noch, der Preis! Klickt man im überschaubaren Konfigurator alle Optionen an, so landet man bei ca. 55.000 Euro. Öffnet man dann mobile.de und schaut nach sofort verfügbaren Neufahrzeugen oder Fahrzeugen mit Tageszulassung kommt man noch mehr ins Staunen. Schon ab 42.000 Euro sind hier einige Fahrzeuge zu finden. Da braucht es kaum noch weitere Argumente, doch die hat der Stinger im Überfluss.
Stinger heißt übersetzt “Stachel”, bei Kia hat man damit vermutlich eher auf die Sportlichkeit und eventuell die Form abgezielt, im Vergleich ist es aber natürlich auch ein großer Stachel für alle deutschen Automobilhersteller. Das Design von Peter Schreyer mit der inzwischen bei Kia üblichen “Tigernase” ist solide und einfach aber auf seine eigene Art auch anders, vor allem sieht man so ein Stinger nicht an jeder Ecke und dadurch fällt er natürlich auf.
Technische Daten
Technische Daten | |
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Grundpreis | 54.491,00 Euro |
Motor / Hubraum | 3.3 T-GDI V6 AWD |
Leistung | 269 kW (366 PS) |
Beschleunigung 0-100 km/h | 5,5 s |
Höchstgeschwindigkeit | 270 km/h |
Verbrauch | 10,5 l/100km |
Außenmaße | 4.830 x 1.870 x 1.400 mm |
Kofferraumvolumen | 406 bis 1114 l |
Der GT auf Grand Tour in der Schweiz
Die Schweiz ist ein Pässe-Eldorado, einer hat auf unserer Liste allerdings noch gefehlt, der Malojapass. Also haben wir uns auf einen Kurztrip begeben und eine tolle Route durch die Schweiz kreiert. Von Chur geht es über die Lenzerheide zum Albulapass bis nach Silvaplana. Von dort aus ist der Malojapass nur einen Katzensprung entfernt.
Zwischen dem italienischen Städtchen Chiavenna und dem mondänen Schweizer Skiort St. Moritz liegt eine richtige Bilderbuchlandschaft: die Oberengadiner Seenplatte. Da St. Moritz in einem Hochtal auf rund 1800m liegt hat der Malojapass nur eine Rampe. Die vielen Kehren sind perfekt ausgebaut und mit einem ordentlichen Belag versehen. Eine Kurve folgt der nächsten, Fahrgenuss in vollen Zügen. Vom kleinen Dörfchen Maloja hat man einen einzigartigen Blick von oben auf den letzten Abschnitt des Passes mit dem größten Kurvenanteil. Insgesamt ist der Malojapass zwar knapp 50km lang, das Highlight erstreckt sich aber auf wenigen Kilometern zwischen Casaccia und Maloja.
Zweites “großes” Ziel auf der Route war ein Abschnitt der Grand Tour of Switzerland zu fahren. Wir haben uns für den Abschnitt zwischen St. Moritz und Appenzell entschieden. Eine Route die man wirklich jedem nur ans Herz legen kann. Die Schweizer wissen was sie für Straßen und Sehenswürdigkeiten haben und machen auch kein Geheimnis daraus, ein gelungener Mix aus Kurven und Aussicht. Man durchstreift kleine typische Schweizer Dörfer, in denen auch die Wendigkeit gefragt ist. Überraschend durchfährt man ehemalige militärische Schutzanlagen, welche eine tolle Kulisse abgeben. Zuletzt geht es über die Schwägalp vorbei am Säntis und weiter nach Appenzell, zu guter letzt endete unsere Rundenempfehlung in Sankt Gallen.
Size Matters
Der zweite Teil unserer Testfahrt mit dem Stinger hat uns nach Österreich gebracht. Fährt man schon mit dem größten Modell von Kia auf großer Tour darf natürlich auch der größte Berg in Österreich nicht fehlen, der Großglockner.
Vor einigen Jahren sind wir den Großglockner bereits mit einem Porsche 911 Carrera T gefahren, natürlich spielen der Stinger und ein Carrera T in einer unterschiedlichen Liga. Und wir konnten uns auch nur schwer vorstellen dass man bei Kia folgenden Satz aus der Broschüre ernst meint:
LIEBT SCHARFE KURVEN
UND LANGE GERADEN
Aber auch hier mussten wir uns eines Besseren belehren lassen, schält man beim Stinger GT auf Sport, so legen sich nicht nur die Sitzwangen beim Fahrersitz an, sondern auch die Verteilung des Allradantriebs wird zur Freude von Passfreunden sehr hecklastig. Auf einmal lassen sich die knapp zwei Tonnen doch sehr spaßig um die Kehren bewegen. Kontrollierte Powerslides am Ende einer Kehre mag er besonders gern – das mag aber auch an den Reifen gelegen haben die bei unserem Testwagen schon ein paar Kilometer runter hatten.
Bei der sportlichen Fahrt auf dem Pass – und auch nur da – zeigt der Stinger eine seiner wenigen Macken die er hat. Leider besitzt der Stinger kein Doppelkupplungsgetriebe, er kommt mit einer Wandler-Automatik. Bei zügiger und kurviger Fahrt auf den Pässen kommt diese dann doch hin und wieder aus der Puste und gönnt sich eine kurze Gedenksekunde bis der richtige Gang dann eingelegt ist.
Die Paradedisziplin des Stinger liegt aber nicht im Pässe rauf und runter knallen. Die sportliche Urlaubsfahrt mit der Familie, da fühlt er sich besonders wohl. Denn hier beweist der Stinger dass er den großen Spagat zwischen Langstrecke und Sportler durchaus sehr gut schafft.
Für die Langstrecke den Fahrdynamikschalter einmal auf “smart” gedreht kann das Getriebe entspannt entkoppeln und segeln. Dadurch geht nicht nur der Verbrauch drastisch nach unten, sondern es kommt auch eine gewisse Ruhe in die Fahrt. Im Modus smart konnten wir mit einem Durchschnittsverbrauch von rund neun Litern fahren, im Sportmodus auf den Passstraßen steht aber auch gerne 12+ Litern auf dem Kombiinstrument.
Unser Lager hatten wir über ein paar Tage in Zell am See aufgeschlagen. Im Wellnesshotel Haidvogl Mavida, einen ausführlichen Bericht dazu findet ihr ebenfalls hier im Blog.
Ausstattung
Schaut man sich den Konfigurator bei Kia an, gibt es kaum Optionen die man dem Stinger spendieren kann, anders wie man es bei den Aufpreislisten von Audi, Mercedes und co. kennt gibt es bei Kia nur Farbe außen, Farbe innen, ein Glasdach und eine Sportabgasanlage die wie schon beim Proceed GT von Bastuck kommt, fertig. Grund dafür ist nicht, dass es keine gute Ausstattung für den Stinger gäbe sondern eher die wirklich umwerfende Serienausstattung beim Stinger, hier bleiben keine Wünsche offen.
Viele Dinge die man bei anderen Herstellern teilweise mit heftigen Preisen in der Aufpreisliste findet hat der Stinger schon im Serienumfang, z.B. eine elektrische Heckklappe, Sitzbelüftung, großes Navi inkl. Carplay und Android Auto, Headup-Display, uvm. Außerdem gibt es beim Stinger auch keine Assistenzpakete o.ä. diese sind nämlich ebenfalls alle im Serienumfang enthalten: Adaptive Geschwindigkeitsregelanlage, Müdigkeitserkennung, Frontkollisionswarner mit Notbremsassistent, Spurhalteassistent, Verkehrszeichen-Erkennung, Fernlichtassistent.
In Sachen Sound macht der 6-Zylinder auch alles richtig, er hat einen “Soundgenerator” den man wirklich nur daran erkennt, dass wenn man das Fenster aufmacht, er außen garnicht so laut ist wie man es im Innenraum denkt bzw. hört. Den markanten und einzigartigen Klang eines sechs Enders hat er in jedem Falle und allein das lässt das Herz jedes Mal erfreuen wenn man beherzt aufs Gaspedal drückt.
Außen hui, innen pfui? Im Gegenteil!
Irgendwie puristisch aber auch luxuriös zeigt sich der Innenraum beim Kia Stinger GT. Die runden Lüftungen erinnern an das Interieur von Sportflugzeugen, ebenso die Metalleinfassung der Instrumente und die satinierten Chrom-Akzente. Auf der Suche nach dem “Fehler” bei dem niedrigen Preis denkt man sich, im Innenraum wird man sicher fündig, Fehlanzeige! Hochwertige Materialien, moderne Gestaltung, Kontrastnähte – alles harmoniert.
Unser Testwagen hatte die Option P5 – Color Pack “Dark Red” und damit einen roten Innenraum. Sitze und Türtafeln setzen sich dadurch in einem dunklen Rot von den restlichen schwarzen Teilen schön ab. In der Mittelkonsole findet man – Gott sei Dank – keinen Klavierlack, sondern gebürstetes Aluminium, das Mikrofasertuch kann man also zuhause lassen.
Überrascht hat uns persönlich das wirklich üppige Platzangebot, sowohl im Fond als auch im Kofferraum steckt deutlich mehr als man zuerst erwartet. Hier macht der Stinger seiner Bezeichnung als Gran Tursimo wirklich alle Ehre, ein perfekter Begleiter für alle Touren.
Alles in allem…
Der Kia Stinger GT ist für einen Bericht bei uns wirklich ein schwieriger Kandidat. Aufgrund seines unschlagbaren Preises in seiner Klasse sucht man permanent nach dem “Problem”, wo ist er schlecht verarbeitet? Wo fehlen die Assistenzsysteme? Man sucht sich einen Wolf, bis man irgendwann zugibt: Es fehlt einfach nichts.
Apropos Klasse, in welcher Klasse ordnet sich der Singer GT eigentlich ein? Mitbewerber sollen wohl ein Audi A5 bzw. S5 sein, aufgrund der Größe und des Komforts könnte es aus unserer Sicht aber auch durchaus ein Mercedes CLS oder ein Audi A7 sein.
Wie auch beim Kia Proceed GT sind wir sehr überrascht und begeistert was Kia hier auf den Markt gebracht hat und wieder einmal mit einem umwerfenden Preis im Vergleich zu seinen Mitbewerbern. Zum Modelljahr 2021 bringt Kia übrigens eine Modellpflege des Stinger GT. Die Highlights sind das neue über 10 Zoll große Display in der Mittelkonsole, die neuen 19-Zoll-Leichtmetallfelgen und die optisch überarbeitete Heckansicht mit durchgehendem LED-Lichtband.
Wir freuen uns schon sehr auf eine mögliche Fahrt mit dem Facelift!